Drei-Tages-Tour zum Titicacasee

Es ist nur ein See – aber was für einer! Von der Größe hatte ich ja gar keine richtige Vorstellung, umso mehr haben mich die Ausmaße beeindruckt. Wenn es etwas diesig ist und man das andere Ufer, also Bolivien, nicht sieht, könnte man es fast für ein Meer halten.

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Wenn man auf einem Berg steht und auf den See blickt, scheint die Wasserfläche kein Ende zu nehmen. Kein Wunder, der Titicacasee ist mit einer Fläche von 8560 qkm 13 mal größer als der Bodensee. In einer Höhe von 3810 Metern streckt er sich 65 km in die Breite und 195 km in die Länge. Der größte Teil der Fläche (ca. 70%) gehören dabei zu Peru, der Rest zu Bolivien.Wie schön schimmern dort die Blautöne. Abends mystisch und am Tage frisch und strahlend. Und wie still es ist – Wahnsinn. Es kann so still sein, dass es schon fast gruselig ist, dann weht kein Wind, kein Wellenrauschen ist zu hören – nichts.

Vor gut einer Woche haben wir uns zur Halbinsel Capachica aufgemacht um dort in einer Schule Sanitäranlagen einzuweihen und verschiedene Gemeinden zu besuchen. Das sollte also mein erster Ausflug zum Titicacasee sein.

Um 5 Uhr morgens ging es im Schlafbus in etwa 5 Stunden nach Juliaca (15 Soles). Es lohnt sich wirklich ab und zu wach zu bleiben und sich die Landschaft anzuschauen – sehr schön. In Juliaca werden wir schon erwartet und fahren gleich mit dem Minibus weiter nach Capachica. Irgendwann führt die unbefestigte Straße nur noch geradeaus. Im Bus ist es heiß, aber das Fenster aufmachen geht nicht, denn es staubt ohne Ende.

Wir kommen in der Schule in Hilata an. Die ersten Kinder begrüßen uns winkend. Ihre

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Neugier mischt sich mit Schüchternheit. Alle freuen sich, dass wir dass sind das spüre ich, aber die Menschen hier sind sehr zurückhalten. Und ruhig ist es auf dem Schulhof, obwohl sich da etwa 50 Kinder tummeln. Irgendwie ist hier alles ruhiger.Auf dem Schulgelände herrscht schon buntes Treiben. Zur Feier des Tages (wir sind gekommen um die neuen Sanitäranlagen auf dem Schulhof einzuweihen) haben die Lehrer und Schüler ein kleines Programm vorbereitet. Viele tragen traditionelle Kleidung, einige Jungs spielen bereits mit ihren Masken.

Die Eltern der Kinder sind auch da. Einige sitzen auf dem Rasen, andere bereiten an der Kochstelle das Mittagessen vor. Mit dem Singen der Nationalhymne beginnt dann der feierliche Teil des Tages. Danach singen die Kindergartenkinder, ein paar Kinder sagen Gedichte auf und es gibt verschiedene Tanzvorführungen von den älteren Mädchen und Jungen.

Danach ergreifen Dani, Miguel und Yngrid das Wort. Der Direktor der Schule bedankt sich anschließend für die Unterstützung und die Realisierung des Baus. Mit der Schlüsselübergabe und dem Zerschlagen einer Sektflasche ist die Übergabe dann offiziell vollzogen. Neugierig erkunden die Kinder und Erwachsenen nun die Toiletten, Waschbecken und die Dusche. Fließendes Wasser – toll.

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Feierlichkeiten machen hungrig und so gibt es in einem Klassenzimmer Mittagessen. Zuerst eine Suppe mit verschiedenen Kartoffelsorten. Danach gebratene Forelle (trucha) mit Salat und Kartoffeln – hm, lecker!!Es ist Wahnsinn, wieviele Kartoffelsorten es hier gibt. Ob rund oder länglich, weiß oder fast schwarz, schmackhaft oder eher gewöhnungsbedürftig, alles ist vertreten – und dabei haben wir nur vier verschiedene Sorten probiert. Es gibt weitaus mehr.

Vor unserer Weiterfahrt spielen wir noch eine Runde Fußball mit den Jungs. Aber in 3800 Metern Höhe sind sie uns eindeutig überlegen. Während uns nach einigen Metern schon die Luft wegbleibt, rennen sie immer noch hinter dem Ball her. Gut, dass wir größer und stärker sind (grins).

Wir fahren etwas weiter nach Chifron. Wir kehren bei Emiliano ein und stärken uns ersteinmal mit Coca-Tee. Der ist nicht nur sehr lecker, sondern hilft auch bei der Höhenanpassung.

Am späten Nachmittag kommen einige Patenkinder und wir überreichen ihnen die Geschenke von ihren Paten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Da leuchten die Kinderaugen. Zehn Kinder puzzeln gemeinsam, freuen sich gemeinsam über ihre Geschenke, ob Teddy, Pullover oder Buntstifte und Malbuch.

Schnell wird es dunkel und so auch kalt – richtig kalt. Wir sitzen in der Holzhütte und trinken noch mehr Coca-Tee und warten auf unser Abendessen. Strom gibt es noch nicht, so sorgt romantisches Kerzenlicht für eine gemütliche Stimmung. Der Abend endet recht früh, schon um 20 Uhr verschwinden alle in ihren Lehmhütten. Nur schnell ins warme Bett. Der Regen klimpert auf das Wellblechdach….und ruck-zuck bin ich auch schon eingeschlafen.

Der nächste Morgen. Kein Eselruf hat uns geweckt, das hatten wir eigentlich erwartet.

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Raus aus dem Bett und rein in den Titicacasee! Nein, natürlich nicht. In das 10 Grad kalte Wasser bekommt mich niemand – brr! Aber einen heißen Coca-Tee auf dem Bank vor dem Haus, mit Blick auf den Titicacasee, das lasse ich mir nicht nehmen. Zum Frühstück gibt es Rührei mit Kartoffeln.Gut gestärkt starten wir den Tag und fahren weiter nach Llachon. Dort besuchen wir kurz die Schule und die bereits im letzten Jahr eingeweihten Sanitäranlagen. Am Vormittag wartet noch ein ganz besonderes Schmankerl auf uns – wir gehen auf dem Titicacasee kajaken – yipeeh!

Ich hatte es mir schon deutlich kühler, windiger und unruhiger auf dem See vorgestellt. Aber der Titicaca zeigte sich von seiner sanften Seite und so konnten wir entspannt ein schönes Stückchen an der Küste entlang paddeln. Herrlich!!

Zurück am Ufer werden wir von einem jungen Lama empfangen. Pepe heißt es. Einige Verrückte von uns springen nun doch in Wasser und Pepe tut es ihnen nach. Ich räkele mich lieber gemütlich in der Sonne.

Weiter geht es zum Marktplatz von Llachon. Die nächste Etappe werde wir wandern, denn Santa Maria ist nur zu Fuß erreichbar. Für die restlichen Patengeschenke nehmen wir uns einen Esel.

Nach knapp 40 Minuten kommen wir in der Gemeinde an. Tomas, der Dorfchef, und seine Familie erwarten uns schon. Zum Mittag gibt es wieder gebratene Forelle. Nachmittags sitzen wir entspannt im Garten und lassen den Blick über den Titicacasee schweifen. Später kommen wieder Kinder mit ihren Familien um ihre Patengeschenke abzuholen.

Als es dunkel wird werden wieder Kerzen auf den Tisch gestellt. Das Dorf hat zwar schon Strom, leider funktioniert er heute aber nicht. Wir spielen Stadt-Land-Fluß (dreisprachig), trinken Coca-Tee, essen Nudeln zum Abendbrot und hören wie es draußen anfängt zu regnen. Über dem Titicacasee blitzt es heftig und es donnert.

Gegen 21 Uhr holen uns die Familien ab, bei denen wir die Nacht verbringen werden. Sie haben Ponchos und Decken dabei, damit wir nicht so nass werden. Draußen ist es stockfinster. Mit Taschenlampen leuchten sie uns den Weg und führen uns über den mittlerweile schlammigen Weg zu ihren Häusern. Es ist bitterkalt und die Feuchtigkeit tut ihr übriges.

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Die Betten sind mit 4 Decken ausgestattet, ob das wohl warm hält? Irgendwann abends geht der Strom dann doch noch. Es regnet heftig, doch das merke ich kaum und bin wiederum ratz-fatz eingeschlafen.Bevor wir unsere Familie am nächsten Morgen verlassen, kaufe ich der Frau noch zwei kleine Handwerksarbeiten ab. Nach dem Frühstück geht es dann mit dem Boot nach Puno. Bis dorthin sind es drei Stunden. Die Fahrt ist schön, die Sonne scheint und an Deck weht stetig eine erfrischende Brise.

Unterwegs halten wir auf einer der abgelegeneren Uros-Inseln. Kaum zu glauben, eine schwimmende Insel nur aus Schilf. Die Uro-Bewohner haben einst ihre ganz eigene Technik für diese schwimmenden Inseln entwickelt. Sie binden die Schilfwurzeln zu mehreren großen Stücken zusammen, die dann wiederum miteinander verbunden werden. Dies bildet die Basis der schwimmenden Insel. Darauf wird dann Schilf gelegt. Auch die Hütten und Boote werden aus Totora-Schilf gebaut. So eine Insel „hält“ etwa sechs Monate, dann haben sich die Wurzeln und das Schilf so mit Wasser vollgesogen, dass sie langsam sinken.

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Die Menschen verbringen fast die gesamte Zeit auf der Insel, nur die Männer fahren ab und zu Fische verkaufen und Lebensmittel einkaufen. Auf so einer Insel leben etwa fünf Familien.Ein Großteil der Familien lebt mittlerweile vom Tourismus. Sie verkaufen kleine Schilfboote und vielfältige Stickereien. Auf den Insel etwas außerhalb leben die Familien tatsächlich noch recht ursprünglich. In der Bucht von Puno gibt es dann viele Uros, wo die Leute den Tag auf der Insel verbringen und nachts entweder an Land fahren, oder dort ein in der Nähe ein schwimmendes Hausboot haben. Das sind dann schon richtige Touristeninseln „a la“ Freizeitpark. Von Puno habe ich nicht viel gesehen, aber auf den ersten Blick wirkt es nicht wie eine Ort an dem man viel Zeit verbringen muss, aber man kann sich ja auch täuschen.Nach fünf Stunden Busfahrt erreichen wir dann sehr erschöpft Arequipa. Unterwegs habe ich beim Bingo-Spielen noch eine Rückfahrkarte nach Puno gewonnen – na, wenn das kein Zeichen ist!

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