Wenn in Puno der Bär steppt

1762

So, der dritte Teil meines Puno-Urlaubes fehlt noch. Jetzt also hier: Nach den zwei Tagen ruhiger Beschaulichkeit auf den Inseln erwartete mich Puno, eigentlich auch eher ruhig und etwas hinterwälderisch, auch wenn ich diese Aussage eher für ein Gerücht der Arequipeños halte. Wie auch immer in den nächsten Tagen wäre sowieso alles anders, denn da sollte der Höhepunkt des zweiwöchigen Festes sein, dass es zu Ehren der Jungfrau de la Candelaria gibt. Viele Tänze erinnern an die spanische Besatzungs- und Eroberungszeit und sind ironische Darstellungen spanischer Traditionen.

1791

Bereits am Samstagabend habe ich sechs Stunden auf einer kleinen Tribüne sitzend in der Stadt verbracht und den vorbei ziehenden Musik- und Tanzgruppen zugeschaut. Ich war allein unterwegs, Julia war bei den Tanzproben und der Rest aus Arequipa sollte erst am Sonntag ankommen. Aber war gar kein Problem ich habe mich sehr nett mit meinen wechselnden Sitznachbarn unterhalten. Die Welt ist ja bekanntlich auch klein und so habe ich auch meine beiden Schweizer von der Insel Taquile wiedergetroffen. Der Umzug am Samstag war mehr so etwas wie eine Probe für den großen Montagsumzug. Nicht alle Gruppen hatten dabei auch schon ihre richtigen Kostüme an.Das Wetter hielt sich bestens, kein Regen nur ein ganz kleiner Schauer. Sofort waren verkäufer mit Regenponchos zur Stelle – blaue Plastikplane, die wie Mülltüten aussahen. Eine Schrecksekunde gab es dann noch, als für einige Sekunden auf einmal der Strom weg war und alles stockfinster war. Glücklicherweise ging das Licht ganz schnell wieder an.

Sonntag hab ich Julia dann begleitet ihr Kostüm abzuholen und ein paar noch fehlende Sachen anzunähen. Die Gruppe aus Arequipa kam dann auch bald an und so haben wir den Nachmittag wieder bei den Umzügen verbracht. In der Fußgängerzone wurde ich dann in einer Schaumsprühattacke komplett eingeschäumt – schade, dass es davon kein Foto gibt.

1807

Montag war dann der große Tag. Das merkte ich gleich, denn Punkt acht wurde ich von lauter Musik einer solchen Gruppe geweckt. Es ging also los. Julia durfte sich in Schale werfen und ihre 12 Röcke oder so anziehen. Das wiegt ganz schön! Damit hat sie sich zum Stadion aufgemacht, von wo aus der Umzug starten sollte. Von etwas über 60 Gruppen hatte ihre Gruppe eine Startnummer in den hinteren Fünfzigern. Das konnte also lange dauern, bis sie starten und im Zentrum ankommen.Gegen Mittag haben wir uns zur Parade aufgemacht. Miguel hatte mal wieder alles organisiert und so hatten wir reservierte und schattige Sitzplätze mit Superblick auf die Parade. Wir konnte einfach die vorbei ziehenden Gruppen genießen, Fotos machen und mittanzen. Echt fetzig ist hier, dass man sich eigentlich nicht mehr großartig vom Fleck bewegen muss, wenn einen der Hunger oder Durst plagt. Ständig kommen Leute vorbei und verkaufen alles Mögliche: Getränke, Burger, Popcorn, Zuckerwatte, Churros, kleine Klappstühle, Luftballons, Fotofilme, Schokolade, Kaugummis oder auch Schaumsprühflaschen.

1820

Babs kam schon mit so einer Sprühflasche an. Zur Begrüßung wurden wir dann erstmal eingesprüht. Als ein kleiner Junge sie dann vollsprühte ist sie hinterher um sich zu rächen. Leider hatte sie nicht mit der Solidarität der anderen Kinder gerechnet und so hatte sie auf einmal ca. zehn bewaffnete Kinder gegen sich – mit dem Schlachtruf „Todos contra la gringa“, alle gegen die Ausländerin/Fremde. Das gab ein Lachen von den Zuschauern und Babs musste sich irgendwann geschlagen geben und wir sie unter dem Schaum suchen.

Je später der Tag desto mehr wurde getanzt, viel fotografiert wurde sowieso. Wir waren schon ganz ungeduldig wann den Julias conjunto endlich vorbeitanzen würde. Gegen 23 Uhr war es dann endlich soweit und wir empfingen sie, wie es sich für einen Fanclub gehört. Wir haben uns der Gruppe dann angeschlossen und sind mit denen mitgetanzt. Auch wir wurden freudig und jubelnd beklatscht. Nach ca. 13 oder 14 Stunden endete der insgesamt etwa 18 oder 20 stündige Umzug dann auch für uns. Leider hatten wir am Ende des Tages zwei geklaute Kameras und damit den Verlust vieler schöner Fotos zu beklagen.